Mein Freund war schon immer begeistert von Japan, den Menschen und der Geschichte des Landes. Ich konnte mich irgendwie nie dafür begeistern und gebe zu, dass er mich vor unserer ersten Japan-Reise erst überzeugen musste. Wir entschieden uns damals für einen Camping-Trip auf die Nördlichste der vier Hauptinseln, Hokkaido. Gemeinsam erlebten wir dort 2 unglaublich intensive Wochen, lernten so liebe Menschen kennen und niemals hätte ich gedacht, dass ich 2 Wochen später weinend im Flugzeug sitze, weil ich dieses Land einfach nicht verlassen wollte.

Im Dezember 2019 war es dann endlich soweit und wir kehrten zurück in dieses Land, welches ich doch eigentlich nie besuchen wollte. Das Flugzeug berührte den Boden und hier waren wir nun, voller Glückseligkeit und Dankbarkeit. Leider hielt das Bauchkribbeln nur für einen kurzen Moment an, denn am Gepäckband trat das ein, womit ich bei jeder Reise rechne – mein Rucksack war nicht auf dem Band und so standen wir dort, das Band lief und lief und die Hoffnung schwand. Dank der überragenden japanischen Servive-Kultur waren wir jedoch sicher, dass der Rucksack schnell wieder auftauchen würde und so war es auch.

Wir verbrachten die ersten Tage in Tokio und ich muss sagen, dass ich mich direkt in diese Stadt verliebt habe. Mein Freund und ich sind absolute Naturmenschen und Städte machen uns recht schnell nervös, jedoch ist Tokio eine der entspanntesten Städte, welche ich je besucht habe. Im Übrigen sprechen wir hier vom größten Ballungsraum der Welt und es ist unfassbar, dass wir tatsächlich ganz entspannt schlendern konnten und niemals angerempelt wurden. Dies hängt selbstverständlich auch mit einem Teil der japanischen Kultur zusammen, dessen Vielfalt sich hier nicht kurz zusammenfassen lässt.

Einige Tage später ging es für uns nach Nikkō, wo wir spontan länger blieben. Es gefiel uns dort so gut, dass wir kurzzeitig sogar nach Häusern geschaut haben und uns vorgestellt haben, wie wir darin wohnen. Wir wanderten durch die Wälder, waren begeistert von den riesigen Zedern und besuchten das spirituelle Zentrum des Tokugawa Shōgunats. Hier verbrachten wir Stunden und da wir im Winter dort waren, hielt sich der Andrang an Menschen in Grenzen. 

Eine Woche später fuhren wir mit dem Zug nach Nagano. Dort angekommen, schnallten wir wieder unsere Rucksäcke auf und stiefelten zur Unterkunft. Verrückterweise wurden wir immer wieder erstaunt angeschaut, denn erstens waren wir, wie auch bei unserer ersten Japan-Reise beinahe die einzigen “europäisch” gelesenen Menschen und zweitens ist es relativ unüblich mit dem Rucksack durch Japan zu reisen.

Für Nagano buchten wir uns im Vorfeld ein ursprüngliches Ryokan. Bereits von Weitem wurden wir von unseren Gastgeber*innen, einem älteren Ehepaar, aufgeregt und mit gewohnter japanischer Gastfreundschaft begrüßt. Diese Unterkunft brachte uns zurück ins alte Japan und wir waren begeistert von dem verwinkelten Gebäude mit seinen unzähligen Holztreppen. Wir durften sogar den Onsen des Hauses nutzen und das, obwohl wir beide Tattoos tragen. In einem öffentlichen Onsen wäre uns dies höchstwahrscheinlich verwehrt wurden, da Tattoos in Japan noch immer mit der japanischen Yakusa verbunden werden.

Ein Tipp am Rande: Für mich als Vegetarierin war es in Japan nicht immer ganz einfach. Da ich auch keinen Fisch esse, musste ich schon immer ganz schön suchen, um etwas zu finden, was ich essen kann. Ich habe mich dabei immer mal wieder auf die Website happycow.net geschaut und so auch die geilsten vegetarischen Dumplings in ganz Nagano gefunden, also echt jetzt, wir haben die Dinger jeden Tag gegessen. 😀

Die letzten Tage verbrachten wir nochmals in Tokio und spürten, dass der Abschied nahte. Eigentlich wollten wir alle Klischees bedienen und wenigstens einmal eine Karaoke-Bar besuchen – das wäre für uns allerdings recht untypisch gewesen. 😀 Deshalb schlenderten wir wieder gemütlich umher und verbrachten einen Tag im verrückten Stadtteil Shibuya – irgendwie ist das etwas, was man mal gesehen haben sollte. Leuchtende LKW’s, bedruckt mit japanischen Superstars fuhren dort überall umher, Musik erschallte aus sämtlichen Lautsprechern und hier waren die Menschen doch noch etwas verrückter angezogen, als anderswo.

Es kam wie es kommen sollte und mal wieder heulte ich im Flugzeug. Ich machte erneut den Fehler, die Flugzeuginterne Radiomusik zu hören – habe leider keine Ahnung, wie ich das anders beschreiben soll. Also stöpselte ich meine Kopfhörer in die Sitzlehne und fand dabei wieder einen unfassbar traurigen japanischen Radiosender mit traditioneller Shamisen-Musik. Da war es um mich geschehen. 😀 Japan ist zu einem meiner Sehnsuchtsorte geworden und reiht sich somit an Länder wie Nepal & Island. Ein Teil von mir ist irgendwie immer dort und ich weiß, dass ich immer wieder zurückkommen werde.